Vienna Biennale for change 2019, Kunsthalle Wien
In Player Piano (dt. Das höllische System), einem Science-Fiction-Roman aus dem Jahr 1952, skizziert Kurt Vonnegut eine dystopische Zukunftsvision der USA, in der diese die Welt militärisch und industriell dominiert. Die Industrieproduktion ist nahezu automatisiert, Entscheidungen werden größtenteils von Maschinen getroffen. Fast die gesamte Bevölkerung geht keiner sinnvollen Arbeit nach, sondern konsumiert und wird in staatlichen Massenorganisationen „beschäftigt“. Es herrscht eine Zweiklassengesellschaft, selektiert nach IQ: Wenige Ingenieure haben Arbeit, bedienen die Maschinen und stützen das System.
Die Frau des Protagonisten entwirft in Einklang mit ihrer Rolle als marginalisiertes Subjekt eine überaus durchdachte, hochtechnisierte Küche, die sie letztlich allerdings in jener sozialen Falle hält, in der sie sich als Frau von Anfang an befindet.
Judith Fegerls Skulpturen greifen die Form einer Küche auf, die als hocheffizientes Mobiliar das Kernstück einer jeden funktionalen Wohneinheit bildet. Quaderförmige Objekte in den standardisierten Abmessungen europäischer Küchenmodule (60 x 60 x 90 cm) aus magnetischem Edelstahl werden einer induktiven Erhitzung unterzogen, im Zuge derer sich ihre Form destabilisiert und ihre Oberfläche sich regenbogenähnlich einfärbt.
Induktionsherde erwärmen metallisches Kochgeschirr durch induktiv erzeugte Wirbelströme sowie Ummagnetisierungsverluste. Fegerl nutzt die Technik dazu, einem Material eine Signatur einzuschreiben, die metaphorisch alle mit ihm verbundenen Erinnerungen und Verhaltensmuster löscht: Durch das Erhitzen verliert das Metall jede Spur seines magnetischen Gedächtnisses. An sich ist die Küche noch immer Symbol traditioneller Werte und Rollenverteilung. Insbesondere, wenn Mutterschaft ins Spiel kommt, werden Frauen zu Hausfrauen, unabhängig von ihrer bisherigen Karriere. Der High-Tech-Küche, die schon in Vonneguts Roman ein anti-emanzipatorisches Potenzial besitzt, und ihrer modernen Induktionstechnologie führt Fegerl jene Energie zu, die letztlich einen auch ideologischen Kurzschluss erzeugt: Nicht sie – als Künstlerin, Frau und Mutter – passt sich der Struktur an, sondern die Strukturen verändern sich ihren Vorgaben gemäß.