zu der Ausstellung Tracks and Traces im Kunstraum Auto, 2005
In Read Only Memory installiert Judith Fegerl ein motorbetriebenes Lasersystem, dem sie getragene Einweg-Kontaktlinsen vorschaltet. Das konzentrierte, monochromatische Licht des Laserstrahls tastet in kreisförmigen Bewegungen die je einen Tag lang getragenen Kontaktlinsen ab. Die im ‘Gedächtnis der Kontaktlinse’ aufgenommenen und gespeicherten Spuren werden durch den Laserstrahl “gelesen “ und visualisiert. Das Laserlicht bricht sich in der verformten und kontaminierten Linse und projiziert die Pattern, die Muster der Gebrauchsspuren, visualisiert die unregelmäßigen Muster als diffuse Zone permanenten Übergangs der grafischen Formationen.
Fegerl thematisiert die Verfasstheit des Blicks, analysiert die ‘Registrierung’, das Einschreiben des Sehens im Subjekt. Die Linsen fungieren hierbei als eine Metapher für den Blick schlechthin, für ein Einbrennen des Sehens bzw. des Gesehenem im mentalen Apparat. Der Blick beobachtet sich in dieser installativen Anordnung selbst. Das Bild (im Betrachter) ist jedoch nicht bloß ‘Registratur’, verdichtet und fixiert nicht bloß empfangene visuelle Signale, sondern definiert durch das Auge des ‘Autors’ das Bild zugleich als Handlungsfläche, als ein Bild, welches sich als ein (aktiv) aus dem Blick des Betrachters heraus Projiziertes konstituiert. Im installativen Setting der Arbeit überlagern sich zudem zwei komplementäre Konzeptionen einer Black Box. Der absolute Dunkelraum, gleicht einerseits einer Foto-Dunkelkammer – in Analogie zum fotochemischen Entwicklungsprozess werden im Dunkeln die indexikalischen Spuren, welche der Apparat aufgezeichnet hat, sichtbar. Die von Fegerl inszenierte Labor-Situation suggeriert andererseits eine Form der Wissenschaftlichkeit, das Phantasma der Objektivität via (wissenschaftlicher, objektivierender) Messung – hier: der Sehspuren durch deren Projektion. Das Bild, welches sich bei Fegerl als veränderliches, sich stets Veränderndes zeigt, verweist zugleich auf sein eigenes Unvermögen, auf das off der Sichtbarkeit.
In der zweiten Arbeit, dem Video-Loop, genauer: der Computer-Animation Floaters, ‘fokussiert’ Fegerl die Darstellung von Artefakten, von Staub, welcher sich auf der Linse befindet und sich bewegt. Mit der Zeit verschiebt sich der Fokus der ‘Aufnahme’ auf den Staub und die winzigen Fremdkörper, die auf der Augenoberfläche im Tränenfilm mitschwimmen und den Augenbewegungen folgen. „Interessant an dieser Arbeit war die Herausforderung etwas darzustellen – Artefakte, die zwar jeder sieht – man jedoch nicht mit einer Kamera aufzeichnen kann“ (Fegerl). Die Animation ist so gesehen ein Versuch, darzustellen, was man nicht sieht, oder anders: was man sieht, wenn man versucht, Nichts zu sehen. Nichts zu sehen bedeutet dann zugleich, stets etwas zu sehen. Der Blick in den Himmel, auf die Natur, wird von ‘Fehlern’ gestört und unterbrochen: entgegen einer Vorstellung unmittelbaren Sehens und einer authentischen Naturerfahrung bildet sich die Medialität des Sehens in sich selbst ab und zeigt jedes Sehen als medial Vermitteltes. Lesbar wird an dieser Stelle schließlich die Logik des (jeweiligen) blickproduzierenden Dispositivs als integraler Bestandteil des wirklichkeitskonstitutiven Blickregimes.